Flexible Schuleingangsphase für Hamburgs Grundschulen?

Trotz vieler Fördermaßnahmen verfehlen 15% der Hamburger Schülerinnen und Schüler, die auf die weiterführenden Schulen wechseln, den sogenannten Mindeststandard[1].Das bedeutet, dass sie voraussichtlich nicht ausreichend Lesen, Schreiben und Rechnen können, um den Anforderungen des Ersten Schulabschlusses gewachsen zu sein.

Ein Kind, das ohne den Mindeststandard erreicht zu haben, auf die weiterführende Schule wechselt, wird vermutlich viel Förderung bedürfen, zumal die erhöhte Fachlichkeit das Problem noch verschärfen wird. Wer nicht richtig lesen kann, kann das auch nicht in Geschichte, PGW, Mathematik oder Religion. Weder für das Kind noch für die Schule eine einfache Aufgabe.

In vielen Bundesländern[2], bekommen folgerichtig Schülerinnen und Schüler individuell die Zeit, die sie brauchen, um sich den Zugang zum Lesen, Schreiben und Rechnen zu erschließen. Dies wird mit der sogenannten flexiblen Schuleingangsphase erreicht. Sie ist ein Instrument dem hohen Heterogenitätsgrad der Lerngruppen an Grundschulen zu begegnen. Tatsächlich weisen Kinder in Hamburg Unterschiede in den Lernausgangslagen auf, die ungefähr drei Lernjahren entsprechen. Wie soll es so allen Schülerinnen und Schülern gelingen, sich innerhalb von genau vier Jahren einen Lernstand anzueignen, der ihnen eine erfolgreiche Schullaufbahn ermöglicht?

Die „flexible Schuleingangsphase“ öffnet Kindern die Möglichkeit, die Inhalte der ersten zwei Grundschuljahre in einem, zwei oder drei Jahren zu erlernen. Beherrschen sie den Lernstoff, wechseln sie ganz regulär in die dritte Klasse. Ein evenutell benötigtes drittes Jahr wird nicht auf die Schulzeit angerechnet. So kann den unterschiedlichen Startbedingungen der Kinder Rechnung getragen werden. Dabei kommt es nicht, wie etwa früher beim Sitzenbleiben, zu sozialen Belastungen. Denn die ersten beiden Lernjahre werden altersgemischt unterrichtet, so dass alle Kinder, unabhängig davon, wann sie in die dritte Klasse wechseln, stets mit einem Teil ihrer Lerngruppe zusammenbleiben.

Die Elternkammer wird diesen Vorschlag mit der BSB diskutieren und erörtern, ob in einem eng begleiteten und evaluierten Schulversuch die Chancen, die für Hamburger Schülerinnen und Schülern in diesem Konzept liegen können, genutzt werden. Wir freuen uns, dass Senator Rabe bereits Wohlwollen signalisiert hat.


[1] So bilanziert der bundesweite IQB-Bildungstrend 2016, dass in Hamburg über 27 Prozent der Viertklässler nicht den Mindeststandard in Orthografie erreichen. (https://www.hamburg.de/bsb/pressemitteilungen/11260588/2018-06-26-bsb-rechtschreibung/)

[2] Die Flexible Grundschule startete als Modellversuch zum Schuljahr 2010/11 in Bayern an zunächst 20 Standorten. Bis zum laufenden Schuljahr 2017/2018 erfolgte ein deutlicher Ausbau auf 242 Standorte. Knapp 13.000 Schülerinnen und Schüler in rund 620 Klassen nutzen derzeit die Chancen und Möglichkeiten der Flexiblen Grundschule. (https://www.km.bayern.de/pressemitteilung/11371/nr-128-vom-13-07-2018.html)