Umsichtige Einführung des Zentralabiturs in Mathematik/Vor-Abi 2017 – Beschluss 658-03

Die Elternkammer beschließt auf ihrer Sitzung am 14.02.2017:

Stellungnahme der Elternkammer zur weiteren Vorgehensweise nach der Auswertung der schriftlichen Vorabiturergebnisse im Fach Mathematik

Die Elternkammer fordert in Hamburg eine schrittweise anstatt einer überstützten Einführung des deutschlandweiten Zentralabiturs in Mathematik

Die Elternkammer begrüßt grundsätzlich die Bemühungen, das Abitur nicht nur innerhalb von Hamburg, sondern auch bundesweit durch einen länderübergreifenden Aufgabenpool vergleichbarer zu machen. Die Elternkammer hat allerdings bereits 2015 vor einer zu raschen Angleichung gewarnt. Für eine erfolgreiche Angleichung der Anforderungen müssen die schulinternen Fachcurricula an jeder Schule entsprechend umgestellt worden sein, so dass die Lern- und Unterrichtsorganisation, die pädagogisch-didaktischen Konzepte wie auch die inhaltlichen Schwerpunktsetzungen für die Schülerinnen und Schüler vollumfänglich in den täglichen Unterricht Eingang gefunden haben. Dies sind die Voraussetzungen dafür, dass von den Schülerinnen und Schülern die sichere Bewältigung des in zentralen Aufgabenpools abgebildeten Abiturstoffes erwartet werden kann.

Vor dem Hintergrund der schwachen Mathematikergebnisse vergangener Jahre hat die Schulbehörde im Dezember im Fach Mathematik zum ersten Mal ein zentrales Vorabitur angelehnt an die Aufgaben aus dem zentralen Aufgabenpool für 2017 schreiben lassen. Diese Vorgehensweise begrüßt die Elternkammer.

Im Vergleich zum letzten schriftlichen Abitur verschlechterte sich an allen Oberstufen die durchschnittliche Mathematiknote. Die Hamburger Schülerinnen und Schüler hatten mit den Aufgabenstellungen erhebliche Schwierigkeiten, deren genaue Ursachen noch nicht geklärt werden konnten. Die bislang von der Elternkammer ermittelten Gründe reichten von mangelnder Zeit für die Bewältigung umfangreicher Textaufgaben, fehlendem Unterrichtsstoff, ungewohnte Verwendung von Fachterminologien bis hin zu Unklarheit über die Zielrichtung einzelner Aufgaben. Obschon sich durchweg alle Schulen verschlechterten, ist auffällig, dass ein Fünftel der Schulen sich nur geringfügig verschlechtert hat und zwar unabhängig davon, ob diese Schulen im letztjährigen Abitur oder in der Schriftlichen Überprüfung der 10. Klasse bessere oder schlechtere Leistungsniveaus aufwiesen. Dies lässt zumindest vermuten, dass die unterschiedliche Ausrichtung der der Vorbereitungen an den Schulen und die Wahl des der Vorbereitung zugrunde liegenden Materials auch Faktoren für das Resultat des Vorabiturs sind.

Auf der Sitzung der Vereinigung der Elternratsvorsitzenden der Hamburger Gymnasien (VEHG) hat die Schulbehörde im Wesentlichen zwei neue Gründe für die schlechten Ergebnisse angegeben. Nach Rücksprache mit dem Hüter des zentralen Aufgabenpools, dem IQB in Berlin (Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen), erfuhr die Schulbehörde, dass die Hamburger Aufgaben zu umfangreich und der Bewertungsmaßstab zu streng gewesen sein könnte. Daraus leitet die Schulbehörde ab, dass für das eigentliche Mathematikabitur keine Probleme zu erwarten seien.

Wir als Elternkammer teilen diese Auffassung nicht. Die Schulbehörde ist dabei, mit einer übereilten Einführung des zentralen Aufgabenpools mehr neue Probleme zu schaffen als zu lösen. Die curriculare Umstellung im Fach Mathematik hin zu dem zentralen Aufgabenpool ist offensichtlich nicht an allen Schulen gleichermaßen gut gelungen. Hierfür war die Umstellungsgeschwindigkeit zu hoch. Wie schwer es offensichtlich ist, den richtigen fachlichen Maßstab zu finden und die Schüler darauf hin zu trainieren, zeigt uns der offensichtlich eklatante Einschätzungsfehler, dem die Expertenkommission bei der Erstellung des Vorabiturs selber unterlegen ist.

Zugleich kämpft Hamburg seit Jahren mit schwachen Mathematikergebnissen, so dass es an den Schulen für eine so schnelle Umstellung offensichtlich in der Breite an der notwendigen Unterrichtsqualität gefehlt hat.

Wie wir nunmehr erfahren haben, ist es den Bundesländern freigestellt wie viele Aufgaben sie aus dem gemeinsam gespeisten und vom IQB auf ein einheitliches Anforderungsprofil überprüften Aufgabenpool zur Anwendung bringen. Über die Zahl der Aufgaben, die die einzelnen Bundesländer aus dem Pool entnehmen, ist Stillschweigen vereinbart worden. Hamburg ist bislang das einzige Bundesland von dem bekannt ist, dass es von Anfang an alle Aufgaben zentral übernehmen wird.

Vor dem Hintergrund, dass die Umstellungsgeschwindigkeit zu hoch ist, fordern wir den Senator und die Schulbehörde auf, die Umstellung in den kommenden drei Jahren schrittweise zu vollziehen. So können jedes Jahr zentrale Aufgaben hinzugenommen und mit jedem Schritt Gründe für Defizite in den Ergebnissen ermittelt werden. Diese Erkenntnisse können dann in die Unterrichtsentwicklung einfließen und somit die Qualität des Unterrichts in den nachfolgenden Jahrgängen verbessern.

Eine derartige, systematische Einführung eines Zentralabiturs könnte ein wichtiger und motivierender Bestandteil in der offensichtlich notwendigen Qualitätsentwicklung der Hamburger Schulen und ihres Mathematikunterrichts spielen. Die Einführung in einem Rutsch über das Knie zu brechen ist hingegen ein falscher Ehrgeiz, der auf Kosten der aktuellen Abiturienten und des Faches Mathematik ginge.

 

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