Referentenentwurf des Schulentwicklungsplans 2019 – Stellungnahme 683-07

Die Elternkammer hat auf ihrer Sitzung am 27. August 2019 wie folgt beschlossen:

Die Elternkammer begrüßt es ausdrücklich, dass der bestehende Schulentwicklungsplan fortgeschrieben wird. Wie in vorherigen Beschlüssen dargelegt, braucht jede Schule verlässliche Rahmensetzungen, in denen sie sich entwickeln und planen kann. Dazu gehören neben der Festschreibung der Anzahl von Lerngruppen auch das Vorhandensein der für den inklusiven Schulbetrieb und Ganztag notwendigen Räume und Flächen mit entsprechender Ausstattung. Außerdem heißt die Elternkammer das kluge, aber kostenintensive „Ja“ zum Schulbau willkommen. Die kostengünstige Alternative – die Heraufsetzung der Klassenfrequenzen* – wäre der Unterrichtsqualität teuer zu stehen gekommen.

* Muss der SEPL aufgrund der in der Rahmenvereinbarung zum Schulstrukturfrieden beschriebene Herabsenkung der Klassenfrequenzen an Gymnasien überarbeitet werden?

  • Die Elternkammer kritisiert allerdings das Verfahren, in dem der Referentenentwurf zustande gekommen ist. Zu knapp erscheint uns die Zeit, die den Referenten zur Verfügung stand, um alle planungsrelevanten Aspekte zu berücksichtigen. Andererseits stand den zu beteiligenden Gremien ebenfalls weder ausreichend Zeit noch genügend Informationen über die der Planung zu Grunde liegenden Daten zur Verfügung, um die im Referentenentwurf getroffenen Maßnahmen fundiert zu durchleuchten. Die Elternkammerregt deshalb dringend an, kritische Stimmen zu einzelnen Entscheidungen auch in Bezug auf den Entscheidungsprozess äußerst ernst zu nehmen und in einen intensiven Dialog mit den Beteiligten zu treten. Zum einen zeugen die detaillierten und sachkundigen Stellungnahmen der Mitwirkungsgremien von deren hoher Bereitschaft und Kompetenz zur Mitwirkung. Andererseits hat die Vergangenheit gezeigt, dass schulorganisatorische Entscheidungen ohne eine sorgfältige Beteiligung zu großen Problemen führen können. Dieses trifft in besonderem Maße auf Maßnahmen zu, die die weiterführenden Schulen betreffen, da hier für die Realisierung der Planungen aufgrund des Aufwachsens der Schülerschaft vielfach mehr Zeit zur Verfügung steht.
  • Bei geplanten Verdichtungen von Schulen sehen wir folgende Probleme:
    • Den Gremien standen vielfach nicht genug Informationen und/oder Zeit zur Verfügung, die eine abschließende Bewertung der Planungen erlauben. Dies bezieht sich auf zu Verfügung stehende Flächen für Schulhof, Ganztag, Inklusion, Differenzierungsflächen, Begegnungs- und Ruhestätten, Fachräume, Sporthallen u. ä. Außerdem bestehen in Einzelfällen Zweifel an den Berechnungen für die zu erwartenden Schülerzahlen. Hier bedarf es eines weiteren Dialoges mit den betroffenen zur weiteren Klärung.
    • Die Elternkammer stellt fest, dass die Kooperationsbereitschaft der Schulgemeinschaften zur Einrichtung neuer Züge grundsätzlich hoch ist. Allerdings fühlen sich einige Schulen durch Vergrößerung überfordert. Die Elternkammer warnt davor, dass so der Erfolg bestehender Schulen gefährdet wird. Die Anpassung pädagogischer Konzepte, die Integration weiterer Pädagogen und Pädagoginnen, die Änderung von Prozessen und die Kommunikation dieser Änderungen sind aufwändig, erfordern Ressourcen und Unterstützung seitens der Behörde. Auch bedarf es neben dem Vorhandensein von Klassenräumen einer proportionalen Aufstockung der anderen für den Schul- und Ganztag bedeutsamen Flächen. Den Schulen muss es gelingen, den Wachstumsprozess ohne Qualitätseinbußen meistern zu können. Sie brauchen zusätzliche Mittel für die innere Schulentwicklung Die in der Rahmenvereinbarung zum Schulfrieden vorgesehene Verwaltungsstelle ist dafür nicht ausreichend, da sie zu zwei Dritteln von den Schulen aus dem Lehrerstundenkontingent finanziert wird. Auch kommen durch die Digitalisierung große administrative Anforderungen auf die Schulen zu.  Von den Schulen geäußerte Bedenken müssen ernst genommen werden und gemeinsam mit ihnen Lösungen erarbeitet werden.
    • Außerdem gilt es zu bedenken, dass die Schaffung großer Schulen an einigen Orten zu recht langen Schulwegen führt. Eine Neugründung wäre vor diesem Hintergrund stattdessen erwägenswert. Dies trifft zum Beispiel auf den Bezirk Bergedorf zu.
  • Obergrenzen für Zügigkeiten lassen sich nicht generell festlegen. Sie sind vielmehr mit den einzelnen Schulstandorten zu erörtern. Bis auf die Campusschulen, die zum Funktionieren einer gewissen Größe bedürfen, sind die Neugründungen als Schulen mittlerer Größe geplant und insofern unkritisch.
  • Bei den Planungen der Neugründungen kann die Elternkammer keine Verzahnung mit der Stadtentwicklungsbehörde erkennen. Auch eine Berücksichtigung von Aspekten wie Schulwegsicherheit, Schulweglänge, Auswirkung auf umliegende Schulen, soziale Implikationen und ähnlichen vermissen wir.  Hier sollten entsprechende Beteiligungsverfahren mit Fachbehörden, Schulen und sozialen Einrichtungen angestrebt werden.

    So hätte zum Beispiel bei der Planung des Neubaugebiets Fischbek-Reethen die Errichtung einer weiterführenden Schule erörtert werden müssen. Das Fehlen führt nun dazu, dass Schülerinnen und Schüler, die in dem Neubaugebiet wohnen, lange und unsichere Schulwege zu den weiterführenden Schulen auf sich nehmen müssen. Ähnliches gilt für die Neubaugebiete Schleusengraben in Bergedorf zur Überquerung der B5.

    Insbesondere bei der Neugründung von Grundschulen in herausfordernden Lagen sollte eine Zusammenarbeit mit der BASFI erfolgen und die Gründung von Bildungshäusern analog des erfolgreich arbeitenden Bildungshauses Lurup angestrebt werden.

    Ferner sollte bedacht werden, wie sich das Einzugsgebiet auf die soziale Durchmischung der späteren Schulgemeinschaft auswirkt. Dabei sollte einer gemischten Schülerschaft der Vorzug gegeben werden.
  • Campus-Stadtteilschulen werden in der Stadt kontrovers diskutiert. Eltern, die für ihre Kinder eher ein Gymnasium bevorzugen, sehen in einer Campus-Stadtteilschule die Chance, bei einer Nichtversetzung des Kindes in die Klasse sieben des Gymnasiums einen Bruch in der Schullaufbahn zu vermeiden. Auch kommt diese Organisationsform denjenigen Familien zu Gute, die bezogen auf die Schulform noch unentschieden sind, bzw. von den unterschiedlichen Schulformen zu wenig wissen. Eher aus Kreisen der Stadtteilschulen wird das Bedenken geäußert, dass eine benachbarte Campus-Stadtteilschule gegenüber einer reinen Stadtteilschule attraktiver erscheinen mag und so bereits existierende Stadtteilschulen schwächt. Insofern kommt es auch bei dieser Frage wieder entscheidend darauf an, mit den betreffenden Schulen im Umkreis in einen Dialog einzutreten, um Verwerfungen auf lokaler Ebene zu vermeiden. Auch kritisiert die Elternkammer die Art und Weise, wie es zu den neun neuen Campus-Stadtteilschulen kommen soll. Anstatt sie im Rahmen eine Schulentwicklungsplanung Realität werden zu lassen, hätten wir uns eine breite Diskussion im Vorfeld gewünscht.
  • Der Schulentwicklungsplan geht davon aus, dass zum Ende der Klasse 6 zwei Schülerinnen oder Schüler pro Klasse das Gymnasium verlassen müssen. Bei annähernd gleicher Anzahl von Zügen an Gymnasien und Stadtteilschulen erscheint es insofern richtig, dass die Stadtteilschulen in Klasse 5 mit zwei Kinder unterfrequent pro Klasse starten. Bei näherer Betrachtung ergibt sich jedoch, dass diese Plätze durch Zuzüge oder Schulwechsel innerhalb der Beobachtungsstufe zum Teil belegt werden. Außerdem sind die Gymnasien und Stadtteilschulen innerhalb der Schulregionen stark unterschiedlich verteilt. So weisen die benachbarten Regionen 6 und 7 ein deutliches Ungleichgewicht bei der Verteilung von Stadtteil- und Gymnasialzügen aus (StS 15/Gym 34; also 19 StS-Züge weniger): Ähnliches gilt für die Regionen 8 und 10 (jeweils 16 StS-Züge weniger als gymnasiale Züge). Für Schülerinnen und Schüler, die das Verlassen des Gymnasiums nach Klasse 6 häufig als persönliche Niederlage wahrnehmen, werden zusätzlich durch lange Wege in andere Regionen, die zudem eine andere Sozialstruktur aufweisen, belastet. Es wäre zu überlegen, ob Campus-Stadtteilschulen in diesen Gebieten eine Lösungsmöglichkeit für diese Regionen darstellen könnte.
  • In der Kenntnis, dass es sich bei dem Schulentwicklungsplan nicht um eine Bauplanung handelt, möchte die Elternkammer trotzdem darauf hinweisen, dass Bauausführung und Baukostenentwicklung wesentliche Gelingensbedingungen für gute und pädagogisch wertvolle Schulbauten sind. Es versteht sich von selbst, dass die Schulen barrierefrei und mit ausreichend großen Räumen für Unterricht, Ganztag, Inklusion, Lehrerarbeitsplätze und Pausen geplant und realisiert werden.  In der Vergangenheit mussten dabei häufig Planungen nach unten korrigiert werden, da die Baukostenentwicklung zu Abstrichen in der Realisierung geführt haben. Dies gilt es zu bedenken und zu vermeiden.
  • Die Elternkammer bemängelt, dass die speziellen Sonderschulen und ReBBZen nicht in den Referentenentwurf integriert sind. Auch zu Schwerpunktschulen schweigt sich der SEPL aus. Dies muss dringend nachgeholt werden. Dabei sollte dieser insbesondere den größeren Einzugsbereich dieser Schulen berücksichtigen.
  • Die sich neu strukturierende Schülerschaft wird eine Neubewertung der Sozialindikatoren notwerden machen.

Insgesamt lässt sich feststellen, dass es für die Konkretisierung der Einzelmaßnahmen eine fundierte Beteiligung der Akteure geben muss. Die Resonanz auf die Bitte um Stellungnahmen zum Referentenentwurf zeigt auch die immense Bereitschaft und Fachkenntnis der schulischen Akteure zum Gelingen des Schulwesens in Hamburg beizutragen.

Für Rückfragen:
Vorstand der Elternkammer Hamburg
info@elternkammer-hamburg.de

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