Standpunkte der Elternkammer zur Beschulung während Corona- Zeiten

Unser aller Leben ist durch die Corona-Krise massiv beeinträchtigt. Die Elternkammer hat nach ihren Kräften versucht, Entlastung für die Hamburger Schuleltern und deren Kinder zu erwirken. Wir haben zahlreiche Stellungnahmen, Beschlüsse, Pressemitteilungen und Interviews gegeben. Unsere Aktion „Gutes Geben“, bei der gebrauchte digitale Geräte an Schülerinnen und Schüler, die sie dringend benötigen, vermittelt werden, steht in den Startlöchern. Wir sind im regelmäßigen Austausch mit der Schulbehörde und haben eine Umfrage zur Fernbeschulung durchgeführt.

Vieles von dem, was wir z. B. für die mündlichen Prüfungen zum ESA und MSA oder die Abiturprüfungen unternommen haben, hat sich bereits überholt. Nachfolgend möchten wir aber die für das Jetzt und Morgen gültigen Standpunkte, die die Elternkammer zum Thema Schule in den Corona-Zeiten vertritt, darlegen:

Gegen Bildungsungerechtigkeit: Hamburgs Schülerinnen und Schüler brauchen ihre Lehrkräfte.
Nun rächt es sich, dass Deutschland und auch Hamburg nicht genügend Anstrengungen unternommen haben, um das Bildungssystem zu modernisieren und die Chancen, die in der Digitalisierung liegen, zu nutzen.

Als uns die Corona-Krise überraschend zwang, die Präsenzschule einzustellen, blieb den Lehrkräften nichts Anderes übrig als eigene Wege zu finden, den Schulbetrieb über die Distanz aufrecht zu erhalten. So werden Schülerinnen und Schüler mit Arbeitsaufträgen versorgt und sie erhalten – wenn auch in sehr unterschiedlichem Maße – Feedback. Vereinzelt findet Online-Unterricht statt. Eine systematische pädagogisch-didaktische Betreuung durch Unterricht mit darauf fußenden Aufgaben zur Vertiefung und Festigung findet seit dem 16. März in Hamburg jedoch nicht regelhaft statt.

Vielmehr ist es häufig den Schülerinnen und Schülern mit Unterstützung durch ihre Eltern überlassen, sich Wissen und Kompetenzen auf Basis des zur Verfügung gestellten Materials allein zu erarbeiten. Ein Austausch mit Mitschülern und Mitschülerinnen und den Lehrkräften findet nur sehr eingeschränkt statt. Diese Selbstbeschulung kann aber aufgrund individueller Möglichkeiten und Belastungssituationen nur sehr unterschiedlich gelingen. Die sozialen Ungerechtigkeiten in unserer Stadt verschärfen sich.

Das war für den Übergang vielleicht hinnehmbar. Nun, wo nach Aussagen von Frau Karliczek, keine regelhafte Präsenzschule stattfinden wird, bis ein Impfstoff entwickelt worden ist, brauchen wir eine Abkehr von dieser Notlösung hin zu einer wirklichen Fernbeschulung mit Präsenzelementen. Lehrkräfte und Schulbehörde müssen wieder weitestgehend Verantwortung für den Bildungsprozess übernehmen. Dafür muss ein Schulsetting entwickelt werden, in dem die Schülerinnen und Schüler auch über die Distanz systematisch und regelmäßig pädagogisch-didaktisch von ihren Lehrkräften betreut werden.

Die Schulbehörde muss deshalb dringend…

  • gemeinsam mit den Schulen Leitlinien zur Fernbeschulung entwickeln, die auf das Alter und die Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern abgestimmt sind und Grundsätze zu Leistungskontrollen erhalten;
  • digitale Systeme zur Verfügung stellen, die ermöglichen, dass alle Schülerinnen und Schüler Online-Unterricht erhalten können und mit ihren Lehrkräften interagieren können;
  • Schülerinnen und Schülern aus einkommensschwachen Familien, die technisch nicht ausreichend ausgestattet sind, die erforderliche Hard- und Software zur Verfügung stellen;
  • durch Schulung und Support sicherstellen, dass die erforderliche Hard- und Software von den Schülerinnen und Schülern auch entsprechend eingerichtet und angewendet werden kann;
  • Lehrkräfte bezüglich der Verwendung der Technik (Hard- und Software) und der Gestaltung von Fernunterricht außerhalb des normalen Fortbildungskontingents von 30 Stunden schulen;
  • Schulen IT-Support und Mittel für die Realisierung zur Verfügung zu stellen und
  • organisieren, dass den Schulen qualifizierte digitale Unterrichtsmaterialien z.B. von den vorhandenen Fachbuchverlagen zur Verfügung stehen.

Qualitätssicherung des Fernbeschulung

  • Die Beschulung entzieht sich zur Zeit weitestgehend staatlicher Aufsicht. Die Schulbehörde muss die Wirksamkeit der Fernbeschulung, insbesondere den Anteil von Online-Unterricht/Interaktion vs. selbstständiger Bearbeitung von Arbeitsaufträgen und den Kompetenzzuwachs der Schülerinnen und Schüler monitoren und
  • für Knowhow-Transfer zwischen den Schulen sorgen. Die durch die Coronakrise entstandenen unterschiedlichen Lernstände müssen zukünftig Berücksichtigung finden.
  • Lernstoff und Kompetenzen, die seit dem 16. März Gegenstand der Beschulung waren, dürfen nicht als beherrscht vorausgesetzt werden.
  • Die Schulen sollen durch die Lehrerinnen und Lehrer die Lernstände pro Kind und Fach erfassen und dokumentieren.
  • Konzepte zum Nivellieren von unterschiedlichen Lernständen einer Klasse/Stufe sind je Fach zu erarbeiten und auf Umsetzbarkeit in der Schulkonferenz abzustimmen.

 

Bei präsenzschulischen Elementen setzen wir voraus, dass die hygienischen Bedingungen an Schulen dazu geeignet sind, das Ansteckungsrisiko auf ein Minimum zu reduzieren.

  • Umsetzbare Hygienepläne an allen Schulen müssen vorliegen und den Eltern- und Schülerräten vorgestellt werden. Die Umsetzung an der Schule ist zu dokumentieren.
  • Die finanziellen Mittel zur Umsetzung der Hygienepläne müssen von der Behörde zur Verfügung gestellt werden. Etats für Reinigungen sind aufzustocken.

 

Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf brauchen sofort die Unterstützung, die ihnen zusteht.

  • Schulbegleitung, sozialpädagogische Unterstützung und Therapieangebote müssen auch in diesen besonderen Umständen aufrechterhalten werden.

 

Familien, die durch sich durch die aktuelle Schulsituation besonders belastet fühlen, brauchen dringend Entlastung.

  • Bei der Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts müssen belastete Familien bevorzugt werden. Eine Wiederaufnahme der Beschulung nach Prüfungsjahrgängen stellt schulische Leistungen vor das Kindeswohl.
  • Die Notbetreuung muss aktiv beworben werden.
  • Klassenlehrkräfte müssen dabei unterstützt werden, Kontakt zu Familien zu suchen, bei denen die Sorge besteht, dass sie durch die Fernbeschulung überfordert sind.
  • Familien, die die Fernbeschulung nach Angaben von Lehrkräften und Familien gut leisten können, sollen zugunsten belasteter Familien bei der Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts auf freiwilliger Basis zurückgestellt werden.

 

Für Prüflinge darf die bis jetzt erteilte Beschulung keine negativen Auswirkungen auf ihren Abschluss haben.

  • MSA und ESA Prüfungen sollen erst dann durchgeführt werden, wenn die Schülerinnen und Schüler mindestens drei Wochen in der Schule von ihren Lehrkräften vorbereitet worden sind.
  • Abschlusszeugnisse der Schülerinnen und Schüler, die den ESA oder MSA ablegen, dürfen nicht auf Elementen der Fernbeschulung basieren, es sei denn Schülerinnen und Schüler können sich dadurch gegenüber der Vornote verbessern.
  • Benotungen in der Studienstufe (S2/24) und dürfen nicht auf Basis der während der Fernbeschulung gezeigten Leistungen erteilt werden, es sei denn Schülerinnen und Schüler können sich dadurch gegenüber der Vornote verbessern.

 

Benotungen, die im auf Basis der bis jetzt erteilten Beschulung erteilt wurden, dürfen keine nachteiligen Auswirkungen auf Versetzungen der Schülerinnen und Schüler haben.

  • Die Beobachtungsstufe an Gymnasien soll bis auf das Ende der Klasse 7 verlängert werden.
  • Benotungen, die am Ende der Klasse 10 erteilt werden, dürfen nicht auf Basis der während der Heimbeschulung gezeigten Leistungen erteilt werden, es sei denn Schülerinnen und Schüler können sich dadurch gegenüber der Vornote verbessern.