Orientierungsrahmen Schulqualität – Kommunikation kommt zu kurz

 

Die Elternkammer Hamburg lehnt die Überarbeitung des Orientierungsrahmens Schulqualität (OrS) in der jetzigen Fassung ab. Zwar hat die Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB) dieses Mal eine Vorabbefassung der Kammern in einer Sitzung im Mai 2022 ermöglicht, was grundsätzlich wohlwollend zur Kenntnis genommen wird, allerdings finden sich die damals genannten Kritikpunkte und Änderungswünsche der Elternkammer in der überarbeiteten Fassung nicht wieder. Es ist nicht nachvollziehbar, dass in der Überarbeitung des Orientierungsrahmens Schulqualität mit dem Auftrag vom 02. Juni 2021 dieser zwar um den Qualitätspunkt „Bildung in der digitalen Welt“ erweitert und mit den neuen Anforderungen an „gute Schule“ die Digi tal isierung in den „Gesamtzusammenhang schulischer Qualität” gestellt werden soll, allerdings hierbei die Einbindung der Sorgeberechtigten in diesem Setting wieder einmal komplett außen vor gelassen wurde.

Die von der BSB genannte „gute Schule“ bezieht auch die im sechsten Abschnitt des Hamburgischen Schulgesetzes (HmbSG) verankerten Rechte und Pflichten der Eltern mit ein. In der Überarbeitung des OrS wird dieser wichtige Passus aus dem HmbSG in dem Punkt 1.6.2 Mitwirkung von Sorgeberechtigten in vier Unterpunkten genannt. Es ist zwar lobenswert zu erwähnen, dass gegenüber dem alten Orientierungsrahmen von 2019 immerhin ergänzt wurde, dass die Schule „…sich in besonderer Weise darum bemüht, schulferne Sorgeberechtigte zu erreichen und einzubinden.“. Dies reicht aber – gerade in Hinblick auf die Erkenntnisse aus zweieinhalb Jahren Pandemie – bei weitem nicht aus, um eine gute Kommunikation zwischen Schule und Elternhaus jederzeit zu gewährleisten.

Bei der Vorstellung des OrS im Mai 2022 wurde von der Elternkammer ausdrücklich darauf hingewiesen, dass „Digitalität“ sich auch in der Mitwirkung der Sorgeberechtigten widerspiegeln muss.

Es verwundert nicht, dass die Schulen mehr in die Pflicht genommen werden sollen, schulferne Sorgeberechtigte besser zu erreichen und einzubinden. Während der Pandemie wurde auch durch die fehlende Beschulungsmöglichkeit der Schülerinnen Seite 1 und Schüler vor Ort und gleichzeitiger Zunahme von Online-Schulabstinenz der erhöhte Kommunikationsbedarf mit den jeweiligen Sorgeberechtigten erkannt und für dringend verbesserungswürdig erachtet. Diese Pflicht zur Ermöglichung der Teilhabe und Einbindung von Sorgeberechtigten besteht aber in gleicher Weise für Elternkommunikation untereinander. Während der Pandemie hat auch Elternarbeit an Schule stark gelitten: Elternabende fielen aus oder durften aus Hygieneschutzmassnahmen nur von je einem Sorgeberechtigten besucht werden. Räume in den Schulen s tanden ni cht mehr zur Ver fügung, um Elternratsversammlungen, Elternfortbildungen, Stufenelternabende oder einfach nur „Elterncafés“ zum Austausch von Informationen oder zum einfachen Kennenlernen wahrzunehmen. Elternkommunikation sowie -mitwirkung war in vielen Bereichen stark eingeschränkt bis sogar vollkommen lahmgelegt.

Kommunikation ist wichtig. Sie ist sogar eine der zentralen Kompetenzen, die zusammen mit dem Begriff der Kooperation – in den Leitperspektiven der umstrittenen neuen Bildungspläne von der BSB als ein wichtiges und zu erlangendes Ziel aller Kinder und Jugendlichen genannt wird. Warum hat die BSB bei der Überarbeitung des OrS diese Kompetenz nicht als Qualitätsmerkmal auch für die eigene Kommunikation festgeschrieben?

Die Elternkammer Hamburg fordert deshalb die BSB auf, den Orientierungsrahmen Schulqualität noch einmal zu überarbeiten und folgende Punkte aufzunehmen:

1. Der Orientierungsrahmen Schulqualität muss um die Dimension „Kommunikation / Zusammenarbeit“ ergänzt werden. Hierbei müssen die Punkte Kommunikation mit Sorgeberechtigten, Kommunikation mit Schülerinnen und Schülern sowie die Kommunikation mit Bildungspartnern, externen Therapeutinnen, Kultursprachmittlern u.s.w. einen eigenen Qualitätsbereich abdecken. Es ist darauf zu achten, dass jegliche Kommunikation zielgruppengerecht (niederschwellig, barrierearm, mehrsprachig, dolmetscher- und sprachmittlergestützt,…) angeboten wird. Eine umfassende Dokumentation, insbesondere von Gesprächen mit o.g. Personengruppen sowie von Maßnahmen oder Vereinbarungen, wie z.B. Nachteilsausgleichen, wird vorausgesetzt und ist den jeweils betroffenen Personengruppen auszuhändigen. Die Schule muss sicherstellen, dass die Beteiligten den Inhalt in vollem Umfang verstehen. Die Nachhaltigkeit aller durchgeführten Maßnahmen, die im Rahmen o.g. Gespräche oder Vereinbarungen stattfinden, muss durch geeignete Evaluationsmittel in regelmäßigen Abständen überprüft werden.

2. Es muss in den Orientierungsrahmen aufgenommen werden, dass die Schulen eine geeignete IT-Infrastruktur für die Mitwirkung von Eltern und allen sonstigen o.g. Personengruppen bereithalten; dies beinhaltet vor allem die Einrichtung einer geeigneten digitalen Kommunikationsplattform, sowie die Bereitstellung von schuleigenen Mailadressen für die jeweiligen Sorgeberechtigten. Seite 2 Die für die Nutzung dieser digitalen Medien notwendigen Kenntnisse müssen den Sorgeberechtigten verbindlich durch die Schulen vermittelt werden. Weiterhin muss den Eltern der Zugang zu schulinternen Informationen gleichermaßen ermöglicht werden, wie er für die Schülerinnen und Schüler über diese IT-Infrastruktur vorgesehen ist.

3. Es ist in den Orientierungsrahmen aufzunehmen, dass den Sorgeberechtigten von Beginn der Schullaufbahn ihrer Kinder bis zum Ende in regelmässigen Abständen kostenlose Schulungen vor Ort angeboten werden, in denen diese umfassend über ihre Rechte und Pflichten laut Hamburgischem Schulgesetz aufgeklärt werden. Diese Schulungen sollten gerade zu Beginn eines jeden Schuljahres zeitnah vor der Wahl der Elternvertretungen stattfinden und die Sorgeberechtigten aktiv zur Mitwirkung an der Schule ihrer Kinder auffordern. Gerade hierbei ist ebenfalls auf eine zielgruppenspezifische Kommunikation schon bei der Einladung zur Schulung sowie bei dem Schulungsangebot selbst zu achten, damit sich auch sogenannte „schulferne“ Sorgeberechtigte zukünftig angesprochen fühlen.

Elternkammer Hamburg – Vorstand
info@elternkammer-hamburg.de

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