Der Vorstand der Elternkammer Hamburg hat wie folgt beschlossen:
Die BSB möge Sorgeberechtigte von Kindern, die zum Schuljahr 2021/2022 an eine Schule aufgenommen werden, umfänglich mit schriftlichen, mehrsprachigen Informationen über die Schulformwahl und die Grundzüge des Anmelde- und Zuweisungsverfahren versorgen. Schulen können dies aufgrund der Pandemielage nur unzureichend. Eine kluge Schulwahl ist anderenfalls gefährdet.
Die Wahl der richtigen Schule ist für viele Familien von zentraler Bedeutung. Formate wie Tag der offenen Tür, Marktplätze, Elternabende, Anmeldegespräche u. ä. waren in den Vorjahren wichtige Informationsquellen für Familien. Dieses Jahr finden sie nicht oder nur in abgewandelter Form statt. Die Elternkammer hat die Erfahrung gemacht, dass Familien – neben den Informationen über die Profilierung einer speziellen Schule – insbesondere in zwei Feldern Informationsdefizite haben, die für eine kluge Schulwahl unerlässlich sind:
1. Zwei-Säulen-Modell
2. Anmelde- und Zuweisungsverfahren
- Die Stadtteilschule ist eine relative junge Schulform. Vielen Familien wissen zu wenig über den Weg zum Abitur ohne den Besuch des Gymnasiums. Die Broschüre „Den richtigen Weg wählen“ sollte deswegen an alle Sorgeberechtigten mit Kindern in der Jahrgangsstufe 4 verteilt werden.
- Das Anmelde- und Zuweisungsverfahren im Hamburger Schulwesen ist vielen Sorgeberechtigten nicht ausreichend bekannt und wird seitens der Behörde auch nicht klar kommuniziert. Das elter- liche Informationsdefizit ist vor allen Dingen dort relevant, wo die Nachfrage nach Schulplätzen höher ist als deren Angebot. Schulen, die aufgrund ihrer Erfahrung davon ausgehen müssen, dass sie nicht alle Kinder aufnehmen können werden, hatten Eltern in der Vergangenheit diesbe- züglich in vielen Fällen beraten. Diese Beratungsleistung wird zur nächsten Anmelderunde nur eingeschränkt möglich sein.Dass Eltern ein Informationsdefizit haben, ist nicht verwunderlich, da die wesentliche Mechanik des Anmelde- und Zuweisungsverfahrens nicht transparent von der Behörde kommuniziert wird. So heißt es auf Seite sechs der Broschüre „Den richtigen Weg wählen“ „Wenn Sie Ihr Kind in ei- ner weiterführenden Schule anmelden, geben Sie bitte drei Schulwünsche an. Ihre Wünsche wer- den sorgfältig nacheinander geprüft… Nur, wenn keiner der drei Wünsche erfüllt werden kann, wird Ihr Kind einer, der Schulform Ihres Erstwunsches entsprechenden Schule – in zumutbarer Entfernung zu Ihrem Wohnort – zugewiesen.“. In der entsprechenden Broschüre für die Grundschulen heißt es: „Es ist sinnvoll, sich mehrere Schulen anzusehen, weil auf dem Anmeldeformu- lar drei Schulen angegeben werden können. Ihr Zweit- und Drittwunsch dient dazu, dass Sie auch dann Einfluss auf die Schulwahl haben, falls die erste Wunschschule nicht über ausrei- chend Schulplätze verfügen sollte.“ Damit wird der Anschein erweckt, dass Zweit- bzw. Drittwün- sche realistischerweise erfüllt werden, sollte es mit dem Erstwunsch nicht klappen.
Das ist jedoch in Gegenden mit gut angewählten Schulen gerade nicht der Fall. Zweit- und Dritt- wünsche finden erst dann Berücksichtigung, nachdem alle höherrangigen Wünsche bzw. Berech- tigungen erfüllt worden sind. Wurde der Erstwunsch an eine Schule „vergeudet“, an der das Kind realistischerweise keine Aufnahme finden wird, besteht die Gefahr, dass keine der drei Wunsch- schulen zugewiesen wird. Erschwerend kommt hinzu, dass die „zumutbare Entfernung“ sehr großzügig von den Gerichten bemessen wird.
Dass neben Geschwister- und Härtefallregelung allein die Schulweglänge des Meldeortes des Kindes nach Schulwegrechner ausschlaggebendes Kriterium bei der Schulzuweisung ist, findet keine transparente Erwähnung.
Eltern müssen – erst Recht in Zeiten eingeschränkter Informationsmöglichkeiten durch die Schulen – darüber von der BSB im Vorfeld der Anmeldung aufgeklärt werden, damit sie ihr Wahlrecht klug und in Kenntnis der Bedingungen ausüben können.
Antragstellerin:
Antje Müller
Ausschuss für Bildungspläne und zentrale Aufgaben
a.mueller@elternkammer-hamburg.de