Gebt den Kindern die Zeit zurück

Seit inzwischen dreizehn Monaten haben unsere Kinder keinen normalen Unterricht. Seit fast fünf Monaten haben die meisten nicht einmal mehr ihre Schule von innen gesehen. Das führt nicht nur zu erheblichen Lernrückständen, sondern hat auch Auswirkungen auf die psychische Gesundheit unserer Kinder. Der Hamburger Schulsenator Ties Rabe hat das in seinem Bericht zur Lernförderung bestätigt: „Das wird bei vielen Schülerinnen und Schülern tiefe Spuren in der schulischen Bildung, aber auch in ihrer sozialen und menschlichen Entwicklung hinterlassen.“ Weiter führt der Senator aus: „Dabei wird es nicht ausreichen, allein den Blick auf die nachzuholenden Inhalte zu richten. Es gilt auch, neue Lernmotivation aufzubauen und die Schüler beim eigenständigen Lernen zu unterstützen. Die Gewinnung von dazu befähigten zusätzlichen Personal wird keine leichte Aufgabe, wir werden dafür auch unkonventionelle Wege gehen müssen.“ (https://www.hamburg.de/bsb/pressemitteilungen/14984118/2021-03-25-bsb-lerfoerderung/)

Der Vorstand der Elternkammer hat wie folgt beschlossen:

Die Elternkammer Hamburg fordert die Behörde für Schule und berufliche Bildung Hamburg (BSB) auf, unverzüglich eine Task-Force mit allen Erziehungs- und Bildungsbeteligten in Schulen, Kitas und GBS-Trägern sowie mit der Sozialbehörde einzurichten. Diese Task-Force soll sich zum Ziel setzen, eine Verlängerung des laufenden Schul- und Kita- Jahres um ein ganzes Jahr konstruktiv und zugewandt zu diskutieren und anzustreben.

Das gewonnene Jahr soll genutzt werden, um die tiefen Spuren, die die Corona-Pandemie ins- besondere bei den Schülerinnen und Schülern, aber auch bei den Kita-Kindern, sowohl in der frühkindlichen und schulischen Bildung, als auch in ihrer sozialen und menschlichen Entwicklung hinterlassen hat, aufzufangen.

Es sollen in den Vorschulen und Schulen Lernrückstände aufgeholt sowie in allen (erziehungs-) pädagogischen Bereichen die psychosoziale Entwicklung und die individuellen Stärken der Kinder und die Jugendlichen in gewohnter Gemeinschaft gefördert werden.

Das gewonnene Jahr soll vor allem Raum für Bewegungs- und Sportangebote, Exkursionen, praktische Versuche und kulturelle Angebote schaffen. Dabei soll gleichzeitig neue Lernmotivation aufgebaut und das eigenständige Lernen gefördert werden.

Keine Schülerin und kein Schüler soll gezwungen werden, dieses Bonus-Schuljahr zu absolvieren. Auf begründeten Antrag soll das Aufrücken in die nächste Klassenstufe ermöglicht werden (Umkehr der Freiwilligkeit).

Die Schule als sozialer Begegnungsraum und Lernort soll „wiedergefunden“ werden. Dafür braucht es Zeit.

Begründung:

Die Elternkammer Hamburg ist aufgrund der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden massiven Ausfälle des regulären Präsenzunterrichts in großer Sorge um den Erziehungs- und Bildungs- erfolg der Kinder und Jugendlichen in unserer Stadt.

Darüber hinaus erstreckt sich diese Besorgnis vor allem auf die psychosoziale und menschliche Entwicklung der Kinder und Jugendlichen, die durch die Kontaktbeschränkungen der letzten dreizehn Monate stark beeinflusst wurde. Fern- und Wechselunterricht, Notbetreuung, ausgefallene Klassen- reisen, abgesagte Exkursionen und Theaterbesuche und der Pandemie zum Opfer gefallene schulische Aufführungen haben den schulischen Alltag der Kinder und Jugendlichen stark geprägt. Die Nutzung digitaler Medien in räumlicher Vereinzelung stand im Übermaß im Vordergrund. Hinzu kommen außerschulische und familiäre Probleme und Stresssituationen, die die Kinder und Jugendlichen zusätzlich sehr stark belastet haben bzw. immer noch belasten.

Eine Flut von akuten, mittel- und langfristigen psychosozialen Schäden bei allen unseren Kindern und damit auch in unserer gesamten Gesellschaft ist schon jetzt absehbar.

(https://www.aerzteblatt.de/archiv/214929/Coronapandemie-Psychische-Gesundheit-von-Kindern-verschlechtert) (https://www.uke.de/kliniken-institute/kliniken/kinder-und-jugendpsychiatrie-psychotherapie-und-psychosomatik/for- schung/arbeitsgruppen/child-public-health/forschung/copsy-studie.html)

Die durch die letzten dreizehn Monate bei unseren Kindern entstandenen Verluste lassen sich nicht mehr durch zusätzliche Förderprogramme am Nachmittag, Lernferien, Samstagsunterricht, stigmatisierende Kassenwiederholungen oder ähnliche Maßnahmen auffangen. Zudem sieht die BSB bisher selbst noch ein großes Problem in der Beschaffung des zusätzlichen befähigten Personals, um diese bisher geplanten Auffangmaßnahmen überhaupt umzusetzen.

Die Elternkammer Hamburg schlägt deshalb vor, auf all diese oben genannten und nicht zielführenden Maßnahmen zu verzichten und die frei werdende Mittel zur Durchführung einer allgemeinen Schuljahresverlängerung zu verwenden.

Mit einem gewonnenen Jahr kommen alle Kinder und Jugendlichen, aber ich alle Lehrerinnen und Lehrer sowie Erzieherinnen und Erzieher zur Ruhe, um Luft zu holen für alle Anforderungen, die die Pandemie sowie die postpandemische Zeit mit sich bringt.

Wagen wir gemeinsam diesen Schritt – geben wir unseren Kindern die Zeit zurück.

 

Antragssteller:
Alexandra Fragopoulos, Birga Brandner, ThomasKoester Christian Lehmann, Georg Möller, Hülya Melic, Thomas Kegat
info@elternkammer-hamburg.de